Keeskogel, Schneekarspitze, Gefrorene Wand - drei Tage&drei Berge im walk&fly Modus , 3 Tage
Wie man ein Riesen-Hoch ausnutzt oder Walk&Fly eines Süchtigen
Bilder und weitere Beschreibung in der Rubrik Fluggebiete, walk&fly unter Keeskogel und Schneekarspitze
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3 Tage |
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Walk&Fly eines Süchtigen oder aller guten Dinge sind drei.
Juli 2006, Axel7
Die schönsten Flüge gehen im Jahr nur sehr selten – leider. Zeit, Wetter, Wind, Kondition, family …. und andere Parameter müssen erst einmal stimmen, aber wen die Sucht einmal gepackt hat, der findet sein „Zeit-Fenster“, gerade auch, wenn man den Rest des Jahres überwiegend am Schreibtisch verbringt.
Was lässt einen fünf Stunden oder mehr schweisstreibend mit immer noch schwerem Gepäck die Berge erklimmen, um dann vielleicht einen Abgleiter von vielleicht einmal 30 Minuten zu bekommen? Was mich angeht ist es die Kombination von Sport, Natur und besonders Fliegen – die Gegensätze und Ergänzung des mühsamen Aufstiegs, die absolut beeindruckende Natur und die Leichtigkeit des Rückwegs – ein Erlebnis und eben Erholung pur.
Im vergangenen Jahr ging die Tour auf den Grossvenediger – damals mit Ski sozusagen als Rück-Versicherung, falls der Flug auf Grund der äusseren Bedingungen nicht klappen sollte und der Abstieg zu Fuss erfolgen müsste – letztes Jahr war das Wetter super und es klappte reibungslos – man muss nur auf das richtige „Hoch“ warten.
Diesmal sollte es erst einmal „mit Blick auf“ Grossvenediger erfolgen – etwas kürzer und damit auch weniger anstrengend – man wird ja nicht jünger. Der Keeskogel mit 3291 Metern oberhalb der Kürsinger Hütte war ideal dafür.
Wann also lassen sich die Parameter zur Deckung bringen – dem Internet sei Dank, die Wind/Wettervoraussagen sind mittlerweile von aussergewöhnlicher Qualität. Demnächst geht die Auflösung der Windrichtung noch auf die Differenzierung der Täler runter. Man meckert ja schon wenn die Google-Earth-Auflösung in den Bergen zu wünschen übrig lässt.
„Hopffeldboden……Windrichtung……- mal schnell eben in der Simulation 3D-geflogen, passt doch alles, na dann los“ – wirklich Zukunftsmusik?
Die Anfahrt wie gehabt im Pinzgau via Obersulzbachtal nach Hopffeldboden, anschliessend mit Taxi zur Postalm und dann per Pedes zur Hütte. Dies geriet ein wenig zur Odyssee, da im letzten Jahr, im Sommer eine Geröll-Lawine den Fahrweg „mal eben mitgenommen“ hat – hier ist die Natur „Chef“ und hinterlässt noch klare, eindrückliche Spuren, weshalb für den „Lauffaulen“ erst gefahren, dann gelaufen und wieder gefahren werden muss. Immerhin, seit dem Lawinenabgang hat das Tal zwar eine unterbrochene Strasse aber dafür einen wunderschönen, neuen See, der zum Baden einlädt – allerdings wahrscheinlich nur für Eskimos dafür attraktiv. „Taxi-Ernst“ von der Postalm nimmt es auch wie es kommt – der gesamte Nachschub wird über diesen Umweg „per Menschenkraft getragen“. Übrigens kein klagendes Wort von ihm – im Gegenteil der „neue See sei wirklich schön“. Da gingen also zwei – der eine mit dem Biergetränkekasten voran und der andere mit einem durchaus voluminösen Gleitschirmrucksack – Mitreisende verglichen es mit einer Sherpa-Kolonne für ein „Edelpicknick“.
Im Sonnenuntergang ging es dann zur Hütte hoch – ein Wahnsinns-Panorama, lässt sich nicht beschreiben – muss man sehen.
Die Kürsinger Hütte übrigens praktisch leer trotz Hochsaison und dem bevorzugten Standort – andere Dinge scheinen en vogue.
Am nächsten morgen ging es dann in zwei Stunden auf den Keeskogel – auf dem Gipfel ein kleines zweites Frühstück um dann den geeigneten Startplatz zu suchen. Die Bedingungen ideal und deshalb stieg ich nach Norden über den Blockgrat wenige Meter auf einen Schneerücken ab, der als Start Nord, Nordost, bis Ost zuliess.
Der Grat ist wohl nicht so häufig geklettert worden, da dort reihenweise Bergkristalle und Granate zu finden waren – ein ideales Mitbringsel für die Kids (nächstes mal wird es dann wohl eine Tour ins Habachtal werden, da man sich dort wohl berechtigte Hoffnungen auf Smaragde machen darf, so die Wirtin später im Steigerhof – wär` ja nicht` schlecht oder - sich auf diese Weise was dazuzuverdienen und wenn es „nur“ bei der besseren Hälfte als unterstützendes Flugargument Verwendung findet – so nach dem Motto – bin mal eben Edelsteine für Dich suchen ;-)))).
Der Start vom Keeskogel dann interessant – geht es ins Untersulzbachtal (und dann das Auto per Pedes in Hopffeldboden abzuholen) oder schafft man die Scharte ins Obersulzbachtal in nordwestlicher Richtung? Herrlich, es lief wie geschmiert – aufziehen, Gas geben (mit den Steigeisen auf dem Eis immer noch gewöhnungsbedürftig – wie bei einer Modenschau, wenn Sprint angesagt ist), Kurve nach links und dem leichten, kraftlosen, entspannten Rückflug in der Morgensonne entgegen. Lässt sich auch nicht beschreiben, nur erleben, obwohl es der beste Teil ist – ein Logenplatz eben. Da die morgendliche Luft absolut ruhig ist – von Thermik keine Spur, „darf“ es auch etwas näher bis „sehr nah“ am Hang sein und über die Grate weg – nichts geht über „tieffliegen“, aber immer mit Vorsicht. Tja und auf dem letzten Kilometer – Flugverkehr! – der Versorgungsflug der Kürsinger Hütte nahm seine Arbeit auf, die Wirtin hatte uns beide vorgewarnt – er blieb dann auch schön unter mir – er bevorzugt auch den Tiefflug. Dann am Wasserfall des Hopffeldboden an den Felsen noch etwas Soaring in der Morgensonne um schlussendlich am Auto zu landen.
Dann aber doch noch eine Slapstickeinlage – Landeeinteilung etc alles perfekt aber aus irgendeinem Grund – wahrscheinlich war der Flug einfach zu schön und die Konzentration war weg, blieb ich mit beiden Steigeisen im Grassboden hängen, gefolgt von einem sofortigen, unfreiwilligen Hechtsprung nach vorne – zum Glück am Kuhfladen rechts vorbei und halbwegs schmerzfreier Landung (als ehemaliger Volleyballer kein Problem – gelernt ist halt gelernt). War durchaus eine Premiere, weshalb – Holzauge sei wachsam … die Landung erst vorbei ist, wenn der Schirm im Auto verpackt ist.
Was fängt man nun mit dem angebrochenen Tag an, es war erst später Vormittag und die zwei Stunden zum Keeskogel ja nicht übertrieben anstrengend - mit dem Rückflug als purem Genuss. So ein Bergtag im walk&fly Modus kann so ganz anders als der eines klassischen Bergsteigers ablaufen – der mühsame Abstieg fehlt ja!
Mit dem Auto ging es zum Gerlospass nach Königsleiten, um dort die nötigen Kalorien aufzutanken – übrigens als Tipp beim Kröll/Almrose auf der Sonnen-Terrasse hat man den besten Panorama-Blick in den Pinzgau, Alpenhauptkamm, Gablergletscher frontal, Salzachtal und dazu noch das notwendige Ambiente um die nächsten „Schritte“ vorzubereiten.
Der zweite Streich sollte dann die Schneekar Spitze (3205Meter) werden via Gerlos – Schönachtal - Schönachschneid mit der Option in der Plauener Hütte oder im Biwak zu übernachten – je nach dem wie Kondition und verbliebener Tag es „werden“ lassen. Die Anfahrt weit ins Tal hinein sollte auch Kraft für den Aufstieg sparen. Die Strasse war fahrbar bis zum Talboden der Issalm. Der Auslauf des Schönachkees hatte mich schon im Winter einmal sehr beeindruckt, da auf Grund der trichterförmigen Tal-Enge die Lawinen im Frühjahr wie D-Züge dort durchrauschen und entsprechende Spuren hinterlassen – vom Aussehen ähnlich wie ein Eisenbahntunnel, allerdings ohne Decke, fein säuberlich rechteckig in die Erde gestanzt. Auch jetzt wieder hatten sich die Lawinen dort entsprechend ausgetobt.
Der Aufstieg zur Schönachkeesscharte war dann Ausdauertraining pur – es kommt einem wie eine 1500 Meter hohe, kerzen-gerade Himmelsleiter vor - erst geradeaus über den Gletscher- und Lawinenauslauf und im weiteren Verlauf direkt über den Gletscher mit überwiegend purem Eis mit gut sichtbaren, wenigen Spalten nach oben. Echt schweisstreibend, besonders an diesem heissen Sommertag, aber natürlich wieder mit der lockenden Aussicht auf einen 1a Logenplatz. Auch dem Gletscher lief das Wasser nur so in Strömen herunter, so warm war dieser Sommertag.
Oben angekommen wurde dann die Biwakoption gewählt – sie war schöner und ersparte den weiteren Weg zur Plauener Hütte – für den Tag war´s jetzt auch genug. Gleichzeitig muss man dann natürlich auf das Hefeweizen verzichten – original Gletscherwasser kann das bei aller Liebe zur Natur auch nicht ausgleichen – dafür schläft es sich dann aber auch besser und ruhiger und die sonst übliche Hüttenschnarcherei verdirbt einem nicht die Nachtruhe.
Die Aussicht, der Blick, der Standort am Abend unbeschreiblich – es war warm und es ging nur ein sehr leichter nördlicher Wind – mit einem Wort – so war es „bestellt“ – ein Sonnenuntergang vom Feinsten. Ist man erst einmal oben, kann man sich dann auf´s Genießen konzentrieren, ein bischen Musik aus dem i-Pod, Brot, Wurst, Käse und ein Snickers – voila fertig ist das Fünf – Gänge - Menü.
Ganz so einsam war es dann aber doch nicht – bester und für mich überraschender Handyempfang und eine „hier ist es echt Klasse SMS“ an die Kids musste schon sein, so nach dem Motto „Hallo Erde hier ist Mond – alles roger“.
Manchmal fragt man sich dann, warum so wenige da oben unterwegs sind – nicht das ich das kritisieren wollte – es ist schon ganz ok so wie es ist.
Wie konnte es bei dieser Tour anders sein – am nächsten morgen ideale Windverhältnisse für den Flug zurück zur Issalm (zur Not wäre auch die Südrichtung gegangen – hätte man halt per Bus zurück ins Gerlostal fahren müssen). Nachdem die Schneekar Spitze dann ohne Gepäck gemacht wurde kam wieder der Abgleiter – es geht nichts über solche hochalpinen Startplätze, man wird doch erheblich genauer was Startcheck und möglichen Startabbruch angeht – es muss halt passen. Der Flug in der Frühe wieder eng an der Sonnentalseite entlang – ein paar Steinböcke schauen auf und springen ein wenig links, rechts – dann noch beim Senner der Issalm vorbeigeflogen, bei dem ich mir den tiefen Überflug in dieser Herrgottsfrühe nicht verkneifen konnte. Merke - fliegt man den eigenen „Schirmschatten“ über einen frühstückenden Senner so ist das trotz der Stille des Fluges wie der lauteste Weckruf – mir hat´s Spass gemacht und er hat es nach kurzem Schreck, ein deutlich sichtbares Zucken, und mit anschliessendem freundlichem Winken nicht krumm genommen – so viel Gesellschaft hat er ja auch nicht. Mit der Landung neben dem Auto ging dann auch diese Tour zu Ende und mit entsprechender konzentrierter, geistiger Vorbereitung diesmal auch ohne Hechtsprung bei der Landung.
Nachdem der Muskelapparat auf diese Weise weich gekocht war, wollte ich dann noch einen dritten walk&fly „abstauben“. Die „gefrorene Wand“ in Olperer-Nähe hatte bei mir aus Büchern und dem „Ikarusvideo“ einen besonderen Eindruck hinterlassen, weshalb ich noch nach Hintertux fuhr, um per Seilbahn die Höhe zu erkaufen. Also ich will es kurz machen – für mich war es ernüchternd. Die Lifte, der Sommerskizirkus, die mit Folie abgedeckten Gletscherzungen am Spannagelhaus – na ja jeder nach seinem Geschmack – die Tauern und auch die Zillertaler Alpen hatten mir besser gefallen – mehr Natur, mehr Ursprünglichkeit.
Schau´n wir mal - vielleicht findet sich ja im Spätsommer noch einmal ein Zeitfenster um der „Sucht“ nachzugeben.
Ein kleines PS noch – das Buch „Gleitschirmberge in den Ostalpen“ ist, neben Paraalpin.de, ein idealer Tourenplaner für den Interessierten – geschrieben von Elfi Lissmann mit 128 Touren, veröffentlicht 1989!!!!!! Man muss schon echt gut sein, um mit den Tüten von damals die beschriebenen Touren gemacht zu haben und die vielen langen Täler mit den Gleitzahlen von damals auszufliegen (und es sind sehr viele Hochalpine dabei) – Respekt.
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[Axel7] |
.. noch 10 Schritte und Du bist in der Luft... |
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