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Strandspaziergang für Faule



Ort: Noordwijk - Langevelderslag
 
Drachenfliegen in Holland, das klang für mich bisher so konträr wie Skifahren auf den Malediven. Deswegen habe ich bisher keine Gedanken daran verschwendet, obwohl ich bereits seit 16 Jahren mehrmals im Jahr dorthin fahre. Von einem Vereinskollegen erfuhr ich von Lökken in Dänemark und von den steilen Dünen, an denen man gut soaren kann. Aber das ist 1200 Kilometer entfernt, zu weit für unsere Kleinen. Das sollte doch auch in Holland gehen. Und tatsächlich, nach ein paarmal googlen finden sich sehr viele Startplätze an der Küste . Wir haben kurzerhand in Noordwijk reserviert.

Die Campingplätze sind hier selten direkt am Strand. Holland muss sich wegen seiner tiefen Lage mit einem breiten Dünenstreifen vor dem Meer schützen, aber nach 10 Minuten Fussweg ist man von uns aus dort. Kaum nähern wir uns der Küste, fliegen auch schon die ersten Schirme an uns vorbei und verschwinden in der Ferne. Also, geht doch. Am nächsten Tag ist Seitenwind aber schon einen Tag später steht der W-NW-Wind direkt an. Das Auto wird mit Badesachen und Fluggerät beladen und ab geht’s nach Langevelderslag. Als Drachenflieger hat man Sonderrechte und man darf fast direkt zum Startplatz fahren, dann sind‘s noch 20 Meter zu laufen. Leider gibt es keine windgeschützte Stelle zum Aufbauen und der starke Wind macht das zu einer kleinen Herausforderung. Ich bin hier alleine, keine Einheimischen zur Stelle die man befragen könnte. Ich erkläre das mit dem 50 km/h starken Wind, der die Gleitschirme aussortiert sowie den Wochentag, an dem andere ihr Geld verdienen müssen.

Sanft wie eine Möwe hebe ich von der gerade mal 20 Meter hohen Düne ab und schwebe langsam nach oben rechts. Trotz dem starken Wind ist alles laminar und egal wann ich aufs Vario sehe, ich habe bei langsamem Flug immer zuverlässig zwischen 20 und 25 Meter Startüberhöhung. Ohne Thermikstress, Landeüberlegungen oder Aufwindsuchaktionen schwebe ich noch einmal an meiner Familie vorbei Richtung Süden. Die Kinder haben angefangen, Sandburgen zu bauen. Andere Badegäste zücken Kameras und fotografieren mich. An völlig einsamen Stränden flattern hunderte von Lachmöwen hoch um mit mir gemeinsam weiterzusoaren. Nach 15 Minuten und ca. 7 km Strecke habe ich das Ende der Düne bei Noordwijk erreicht. Dort lasse ich mich noch von einzelnen Badegästen umjubeln und fotografieren bevor ich wieder zurückschwebe. Das Aufwindband ist so breit, daß ich direkt über meine Familie fliegen kann und zusammen mit den Lenkdrachen über ihnen in der Luft stillstehe. Die Sandburg der Kinder ist auch schon ziemlich groß geworden. Selten hat es mir soviel Spaß gemacht, den Kantenkasper zu spielen.

Nun will ich auch noch die anderen 8 km Düne erforschen und mache mich auf den Weg Richtung Norden nach Zandvoort. Schon nach einigen Metern fällt mir auf, dass dieser Strandabschnitt FKK-Badestrand ist. Ich verliere alle Zurückhaltung, ziehe die Speedbar durch und sause in nur noch 15 Metern über dem Strand über nackte Ärsche. Manche sind extra weit gelaufen um ein ruhiges und ungestörtes Plätzchen zu finden und teilen meine Begeisterung nicht so ganz als mein riesiger Segelschatten über sie hinweg zieht. Einige winken mir zu, andere bedecken ihre Körperteile. Ein junges Mädchen hört auf, sich mit ihrem Freund zu beschäftigen als sie mich sieht. Der Arme. Nach 10 Minuten Speedflug bin ich in Zandvoort und die Düne geht noch weit in das Stadtgebiet mit Strandcafés und Restaurants. In 20 Metern Höhe überfliege ich sie, kann schon fast die Speisekarte lesen.

Leider ist der Aufwind hier durch die Gebäude etwas verwirbelt und Landemöglichkeiten gibt es im Ernstfall wegen dem relativ schmalen Strand auch wenig. Ich entschließe mich zur Rückkehr und fliege wieder den FKK-Strand entlang. Inzwischen hat das junge Mädchen ihren Freund mit Sand zugedeckt. Am Startplatz ist ein weiterer Drachen gestartet und ein Mann dort fragt mich, ob ich landen möchte. Er gibt mir Anweisungen und nach drei Versuchen bin ich topgelandet. Nachdem ich mich etwas erfrischt habe, steige ich wieder in die Luft und mache noch ein paar Fotos. Leider bemerke ich dabei nicht, dass der Wind inzwischen schwächer geworden ist. Nach zwei großzügigen Kurven mit Höhenverlust wollte ich wieder an der Kante Höhe machen wie auch die ganzen drei Stunden vorher aber dieses mal piepst das Vario nicht. Da ich nur noch 10 Meter Höhe habe, muss ich innerhalb weniger Sekunden Gurtzeug öffnen, Kamera einpacken, Landeanflug planen, und Menschen ausweichen. Es reicht leider nur für Letzteres und mein Drachen pflügt unsanft durch den feinen Sand. Ich sehe aus wie die Sandburg von meinen Kindern und muss den herbeigeeilten Badegästen erklären, dass wirklich alles in Ordnung ist. Mein Drachen ist durch den weichen Sand verschont geblieben, die Kamera auch.

Inzwischen sind auch zwei Gleitschirmflieger gestartet, die aber keine Höhe machen können. Das nutzbare Windgeschwindigkeitsband ist für sie sehr schmal denn bei zu starkem Wind können sie nicht starten und bei schwächerem Wind kaum Höhe gewinnen. Manchen helfen sich aber mit einem Trick, indem sie bei stärkerem Wind am Strand in der relativ ruhigen Zone kurz vor der Düne aufziehen und sich quasi die Düne hochziehen lassen. Das will aber gut geübt sein, denn die Dünen sind alle mit Stacheldraht umzäunt. Ich fliege noch an weiteren thermisch aktiveren Tagen, an denen größere Startüberhöhungen möglich sind aber der starke Wind zerreißt die Thermik zu sehr um Überlandflüge zu realisieren. Jedoch reicht es immer, um auch mal weiter über das Meer zu fliegen und unter sich nichts als schäumende Brandung zu sehen.

Wer also mal in in weniger als 500 km Entfernung schön Strand- und Flugurlaub machen will, sollte nach Holland fahren. In Kijkduin, Wijk aan Zee, Langevelderslag und vielen anderen Orten gibt es Möglichkeiten, seinen ganz eigenen Strandspaziergang zu machen. Auf www.paragliding365.com sind sie alle eingezeichnet. Wenn auf wetter.de das Windfähnchen auf West – Nordwest bei etwa 30 km/h steht, steht einem tollen und langen Flug nichts im Wege.

Grüße von
desireless

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